- Gottesdienst
- Angebote
- Kirchenmusik
- Orte
- Kitas
- Gottesdienst
- Angebote
- Kirchenmusik
- Orte
- Kitas
- Informationen
Die Evangelische Christuskirche Bingen wurde 1962/63 nach Plänen von Gerhard Hauss, Architekturbüro Hauss und Richter, Heidelberg, für die neu gegründete Kirchengemeinde zwischen Dromersheimer Chaussee, Saarlandstraße und Bannzäunerweg als Betonskelettkonstruktion erbaut.
Über dem quadratischen Gottesdienstraum ragt ein über Eck gestelltes, massives, mit Kupferplatten gedecktes Kreuzdach auf. Die gebrochenen Außenwände aus Rotklinkern sind im Dachbereich in sechszonige Gitter mit variierter Feinstruktur aufgelöst.
Der Innenraum, durch die zwei Portale der Nordvorhalle (reliefierte Bronzetüren von Günther Lossow, Köln) über eine großzügige Freitreppe erschlossen, vor allem geprägt durch die zeltartige Wirkung des offenen Daches, das auf vier Pfeilern ruht, die farbig-leuchtende Verglasung des Lichtgitters (Entwürfe Klaus Arnold, Karlsruhe) sowie die weiß gestrichenen Betonpartien.
Durch die Stellung der Dachkonstruktion werden niedrige dreieckige Anräume ausgeschieden. Anordnung der achteckigen Altarinsel im Süden (einbezogen die seitlich platzierte Kanzel). Ihre zentrale Stellung wird durch die Anordnung des Gemeindegestühls in drei Reihen betont.
Ihr Gegenüber bildet die Sängerempore mit gestaffelter Front, über der sich die Orgel (1963-1966, Orgelbauanstalt Werner Bosch, Kassel-Sandershausen) auftürmt.
Altarkreuz aus Metall nach Entwürfen des Heidelberger Architekten Edwin Neyer.
In der Südwestecke Taufstein (Entwurf G. Lossow) vor dem Hintergrund des figürlichen "Tauffensters".
Um den eingetieften quadratischen Hof angeordnet der Campanile und als einheitliche, bis 1965 fertiggestellte Gruppe von Flachdachbauten aus Beton und Rotklinkern Pfarrhaus und Gemeindehaus, abgerückt der Kindergarten.
Wenn sich eine Gruppe von Menschen versammeln will, benötigt sie einen Raum oder ein Haus. Einst versammelte sich die christliche Gemeinde "hin und her in den Häusern". (Apg. 2, 46) Als die Gemeinden größer wurden, genügten die kleinen Räume nicht mehr. Man baute "Häuser, die dem Herrn (Jesus Christus) gehören", griechisch kyriake, was abgeleitet ist von dem Wort kyrios, Herr; daher auch die Bezeichnung Kirche. Auch die Büdesheimer Gemeinde, in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg von 35 auf weit über 1000 Gemeindeglieder gewachsen, brauchte einen Versammlungsraum: zum Predigen und Hören, Singen und Beten, für Taufund Abendmahlsgottesdienste, eine Kirche, die zum Ausdruck bringt: "Bei Jesus Christus sind wir geborgen in Zeit und Ewigkeit".
So entstand in Bingen-Büdesheim eine moderne Kirche mit den Ausdruckmitteln und dem Empfinden unserer Zeit gebaut, ohne sich dadurch völlig von der Tradition zu lösen.
Eines der Kennzeichen, die dieser Kirche das Merkmal "modern" eingebracht haben, ist die Form des gerichteten Zentralbaus, in dem, anders als in den Langschiffkirchen der Umgebung, eine Trennung zwischen Altarraum und Gemeinde weitgehend vermieden ist. Die erniedrigte und so dem Gottesdienstbesucher nähergebrachte Kanzel, Altar und Taufstein sind in den Raum eingerückt. Die Gemeinde sitzt in drei angewinkelten Bankreihen, die durch zwei Gänge getrennt und zum Altar gewandt sind, um den auch das Abendmahl gefeiert wird. So entsteht ein Zusammengehörigkeitsgefühl, indem die Gemeinde nicht mehr in einer Kolonne zum Altar blickt, sondern auch einander erlebt und wahrnimmt. Die Empore für die Orgel liefert 30 Chorsängern Platz. Sie steht frei im Raum über der mittleren Bankreihe, so dass sich der Chor ebenfalls in der Gemeinde und nicht abseits hinten oder seitlich befindet.
Der Architekt, Gerhard Hauss, Heidelberg, wählte als Dachkonstruktion ein Zeltdach, das auf vier massiven Säulen ruht und an das Wort aus dem Johannesevangelium erinnert: "Das Wort ward Fleisch und zeltete unter uns". (Joh. l, 14). Die großen Öffnungen zwischen den Säulen sind nach einem Entwurf von Professor Klaus Arnold, Karlsruhe teilweise mit senkrechten Backsteinornamenten ausgestaltet, teilweise in leuchtenden Farben bleiverglast, und geben, zusammen mit Lichtritzen im unteren Teil, dem Kirchenraum ein warmes Licht. Der Boden der Kirche ist mit Stirnholz gepflastert, Bänke, Kanzel und Altar sind aus hellem Naturholz, der Taufstein ist aus Muschelkalk, das Dach mit Kupfer gedeckt; nirgends ist zeitgebundener Kunststoff verwendet.
Der 25 Meter hohe Turm steht aus Gründen der Statik frei und bildet so, überragt von einem zweieinhalb Meter hohen, aus Schrottrahmen und Schrottflächen zusammengeschweißtem Kreuz mit Dornenkrone, die Mitte des Gemeindezentrums, um die sich Kirche, Kindergarten, Gemeindehaus und Pfarrhaus gruppieren.
Durch seine Höhe lässt der Turm den Schall der vier Glocken weithin hören; die Töne sind auf f', a', c", d" gestimmt. Die Glocken tragen die Inschriften "Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden, den Menschen ein Wohlgefallen" (Friedensglocke), "O Land, Land, Land höre des Herrn Wort"; (Verkündigungsglocke), "Herr, lehre uns beten" (Gebetsglocke) und "Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen" (Sterbeglocke). Die Glocken läuten zu jedem Gottesdienst am Sonntag und am Werktag, zu Taufe, Trauung und Beerdigung, am Samstag zur Erinnerung an den Sonntag, in dessen Mittelpunkt der Gottesdienst steht, und kündigen an, dass Gott mit uns reden will, laden auf diese Weise zum Gottesdienst ein. Die Friedensglocke läutet täglich um 12 Uhr und mahnt: "Vergiss das Gebet für den Frieden nicht".
Am 29. Januar 2023 war Gabriel Jezek aus Mainz vor Ort und hat das Vollgeläut unserer Kirche aufgenommen. Er beschäftigt sich in seiner Freizeit mit Campanologie (=Glockenkunde) und fertigt Film- und Tonaufnahmen von Kirchengeläuten an, um sie einerseits zu archivieren und um sie andererseits auf seinem YouTube-Kanal (https://www.youtube.com/@Sosias84) zu präsentieren.
Die beiden Portale der Kirche, Kupferarbeiten des 1975 in Köln verstorbenen Künstlers Günter Lossow, zeigen deutlich biblische Themen. Das linke Portal erinnert an die Sintflutgeschichte (1. Mose 6-9), das rechte stellt eine Szene aus Jesu Gleichnis vom großen Abendmahl dar (Luk. 14, 16-24).
Bei der Sintflut wurden Noah und seine Familie in der großen Arche gerettet. Auch die gegenwärtige Menschheit ist bedroht und bedarf der Rettung. Die Fluten steigen höher und höher. Wie lange wird unsere Erde noch bewohnbar sein? Angesichts der drohenden Katastrophe gilt noch immer die Zusage Gottes: "Ich will hinfort nicht mehr schlagen alles, was da lebt." Er will nicht den Untergang der Menschheit. "Meinen Bogen habe ich in die Wolken gesetzt; der soll das Zeichen des Bundes sein zwischen mir und der Erde." Unter der Verheißung, durch den Bogen versinnbildlicht, schwimmt die Arche, in der sich die Glaubenden in aller Gefahr bewahrt und geborgen wissen. Neues Leben - der Ölzweig im Schnabel der Taube - kommt auf sie zu und ist Anlass zu Hoffnung und Freude. Wer durch die Kirchentür eingeht, begibt sich in "das Schiff, das sich Gemeinde nennt", den Ort der Geborgenheit und der Hoffnung.
Auf dem rechten Portal sehen wir den Herrn des Gleichnisses, der zu seinem Tisch geladen hat. Etliche schließen sich selber aus. Sie haben keine Zeit. Sie bleiben am Rand, im Abseits. Sie sind in sich selbst verschlossen. Dafür bringt der Bote die große Schar der Schwachen, der Leidenden, der Außenseiter. Sie haben ein weit geöffnetes Ohr für die einladende Stimme des Rufers. Ihre Gesichter verraten große Erwartung. Das gemeinsame Hören auf die Einladung "Kommt, denn es ist alles bereit"; fügt sie zu einer Gemeinschaft zusammen, die wie in einem gewaltigen Strom der Aufforderung Folge leistet. Die Gemeinde, die durch dieses Portal die Kirche betritt, schließt sich ein in die Schar derer, die sich aus allem Tun und Leiden ihres Lebens zum Tisch des Herrn rufen lassen.
Die 1965 von der Firma Bosch, Kassel, erbaute Orgel hat zwei Manuale und folgende Register: 1. Holzgedakt 8'; 2. Rohrpfeife 4'; 3. Nasat 2 2/3'; 4. Prinz 2'; 5. Terzian 4/5'; 6. Schwiegel 1'; 7. Zimbel 3f 2/3'; 8. Doppelkegel 8'; 9. Tremulant; 10. Pommer 16'; 11. Praestant 8'; 12. Spitzgambe 8'; 13. Oktave 4'; 14. Koppelflöte 4'; 15. Waldflöte 2'; 16. Mixtur 4-5f 2'; 17. Trompete 8'; 18. Koppel I/II; 19. Subbass 16'; 20. Offenbaß 8'; 21. Harfpommer 4'; 22. Großterzian 3f 1 3/5 2 2/3 2'; 23. Posaune 16'; 24. Pedal I; 25. Pedal II.
Die Orgel, Königin der Instrumente, weil viele in ihr nachgebildet sind: Posaune und Flöte, Zymbel und Gambe, nicht Herrin, sondern Dienerin des Wortes will die Gemeinde zum Singen ermuntern und dabei begleiten.
Die moderne Büdesheimer Kirche wirkt, wie auch die Kirchen früherer Jahrhunderte, vor allem durch den Raum. Die vorhandenen Kunstwerke wandeln nicht den Raum wie in der Zeit des Barock, sondern sind dienend eingeordnet. Dazu zählen die von dem Kölner Künstler Günther Lossow geschaffenen Türen und der Taufstein.
Das Altarkreuz ist das Werk des Heidelberger Architekten Edwin Neyer, der auch das Turmkreuz geschaffen hat. Es ist eine Stiftung der Kirchengemeinde Bingen. Das Altarkreuz, eineinhalb Meter hoch und ebenso breit, ist aus Stahl geschweißt, an den Enden verzinnt und mit Messing bearbeitet. Die verdickten Enden des Kreuzes tragen die Symbole der Evangelisten.
Seit vielen Jahrhunderten ist es üblich, den vier Evangelisten, Matthäus, Markus, Lukas und Johannes, je ein Symbolwesen zuzuordnen, um sie damit zu erklären. Die vier Gestalten wurden dem Hesekielgesicht (Hes. 1) und der Offenbarung (Offb. 4, 6 f) entnommen: Matthäus (Engel, Mensch mit Flügeln); Markus (Löwe, Tier der Wüste); Lukas (Stier oder Ochse, Opfertier); Johannes (Adler, hoher Flug der Anbetung). Man sah im Menschen die Weisheit, im Löwen Mut und Kraft, im Stier, der das Joch trägt, Fügsamkeit und Geduld, im Adler Erhabenheit der Gedanken und Wünsche. Die Evangelistensymbole auf dem Altarkreuz erinnern uns daran, dass wir auf die Botschaft der Evangelisten, also auf die Botschaft Jesu Christi, angewiesen sind.
Das Kreuz, an dem Jesus starb, ist das Hauptsymbol der Christen. Es ist Sinnbild für die Verbindung von weit Entferntem (Himmel und Erde). Im Kreuz finden sich Raum und Zeit. Das Kreuz verbindet, vermittelt. Es macht aber auch deutlich, dass unsere zeitlichen Wünsche (Waagrechte) durch Gottes ewige Liebe (Senkrechte) durchkreuzt werden. Das Kreuz ist das Zeichen unserer Rettung und des Sieges Jesu über den Tod. Als Hauptsymbol hat es zu Recht seinen Platz im Mittelpunkt der Kirche.
Das Kreuz und auch die anderen Kunstwerke in der Büdesheimer Christuskirche Taufstein, Tauffenster und Eingangstüren mit den Bronzereliefs sagen uns: Gottes Geschichte kann man nicht nur hören, man kann sie auch sehen.
Hauptaufgabe dieser Kirche mit ihrem Turm und Glocken, Orgel und Kunstwerken bleibt, was Martin Luther in seiner Eröffnungspredigt in der Schlosskirche zu Torgau, die als erster evangelischer Kirchenbau errichtet und am 5. Oktober 1544 von Luther persönlich ihrer Bestimmung übergeben wurde, gesagt hat: ". . . dass unser lieber Herr selbst mit uns rede durch sein h eiliges Wort und wir wiederum mit ihm reden durch unser Gebet und Lobgesang".
Nach fünfzehn Jahren begegnen mir die Bilder von der Taufe in der Bingen-Büdesheimer Kirche wie ein lange aufbewahrter Brief beim neuen Lesen. Sie reden mit mir, auch wenn sich meine persönlichen Fragen gewandelt haben. Warum er das Bild von der Kindersegnung gewählt habe, frage ich den Künstler, und nicht das Taufbild, mit dem Generationen evangelischer Christen aufgewachsen seien, nämlich der Taufe Jesu im Jordan ? Warum also nicht im Mittelpunkt der einzelne Mensch, dem mit dem Taufwort "Du bist mein lieber Sohn" Gabe und Aufgabe seines Lebens zugesprochen werden, Sinngebung für die einzelne Existenz, nur das Wort zwischen sich und Gott, sonst nichts?
Sein Fenster antwortet mir mit einem Gegenbild des Lebens: Ob denn nicht unser Leben Gabe und Aufgabe sei, so dass es aus der Form der linken Bildhälfte in die der rechten hinübertrete? Links sehe ich mich hinter den Netzen oder sogar Gittern? meiner Arbeit verborgen. Mein Blick nach vorne wird verdeckt. Aber ist nicht schon eine Bewegung im Gang, die unseren Alltag wie eine Welle durchzieht ? Wohin führen die Gesten der Arme? Im Menschen in der Mitte, im Schnittpunkt des Bildes, findet die Welle ihren Scheitel. Sie kommt zur Ruhe unter seinem einladend ausgestreckten Arm auf der rechten Bildseite. Unter seinem Arm hat sich eine Menschengruppe gesammelt, die auf den gegenüberstehenden Betrachter zukommt. Laufen sie auf mich zu, auf gleicher Ebene wie ich? Bin ich es, der die links begonnene Bewegung zu Ende führt? Sind es meine Schritte, die dem Bild seinen Sinn geben?
Bevor ich den Schritt in das Bildgeschehen ins Reich Gottes tun kann, nötigt mich der Raum um den Taufstein zum Innehalten. Eine Stufe führt hinab. Ich verstehe, dass ich so in die Tiefe der Welt eintauche, wie sie seit Urzeiten veranschaulicht worden ist. So leben wir bis zur Neuschöpfung ein Fisch im Netz, gefährdet und geborgen. Die alte Macht der Flut, Gleichnis für die Zerstörungskraft unserer eigenen Natur, wird gebändigt durch die festen Säulen, die das Wort des Schöpfers dem Weltganzen gibt. Jede Gemeinschaft kann einer dieser festen Knotenpunkte im Netz der Menschheit werden, das verbindet und schützt. Was macht das Netz aus einem Instrument des Jägers, mit dem er seine Beute fängt, zum Halt ? Unser Taufstein, unsere Welt möge offen bleiben für das Symbol des Kreuzes, der Taube und der Lebenssonne!